Personalgewinnung im Gesundheitswesen – ein methodischer Ansatz
Im Vorfeld der CareFair 2020, der Schweizer Jobmesse für Gesundheitsberufe, hat Muller Healthcare Consulting einen methodischen Ansatz zur Arbeitgeberpositionierung entwickelt. In Zeiten von Fachkräftemangel, der unlängst Spitäler dazu zwingt, Stationen zu schliessen, positionieren sich nahezu alle Arbeitgeber im Gesundheitswesen als attraktiver Arbeitsort. Doch wie sollte sich ein Arbeitgeber positionieren? Welche Faktoren ziehen Talente an? Und wie sollten diese Attribute dem Zielpublikum kommuniziert werden?
Ausgehend von dieser Fragestellung hat das Beratungsteam von Muller Healthcare Consulting das Arbeitgeber-Schachbrett kreiert.
Das Arbeitgeber-Schachbrett
«Strategy means choice» schrieb einst der Ökonom Michael Porter, und so muss sich ein Arbeitgeber überlegen, welche Argumente er im Kampf um Talente ins Feld führt. Sich als eierlegende Wollmilchsau gegenüber den Arbeitnehmern zu positionieren, ist unserer Erfahrung nach weniger zielführend als sich gezielt auf einige «unique selling points» zu konzentrieren. Was ein Spital oder ein Spitexbetrieb gegenüber Fachkräften attraktiv macht, kann ganz unterschiedliche Formen annehmen:
Institutionelle Faktoren: Eine tolle Architektur, die Lage im Herzen einer Grossstadt, die allgemein gute Reputation einer Institution oder aber auch der Umstand, dass die Institution einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag leistet. Diese Faktoren sind nur schwer beeinflussbar, jedoch sehr gute Argumente, wenn man über Wettbewerbsvorteile auf dieser Ebene verfügt.
Kulturelle Faktoren: Der besonders unkomplizierte Umgang zwischen Ärzten und Pflegenden, die kurzen Entscheidungswege, die Loyalität gegenüber den Mitarbeitenden auch in schweren Zeiten, oder die wertschätzende Haltung gegenüber dem Personal. Das sind alles Attribute, welche eine Geschäftsleitung über Jahre entwickeln kann und als schlagfertige Argumente in im Kampf um Talente anwenden kann.
Leistungen: Eine weitere Möglichkeit sich als Arbeitgeber von anderen Institutionen abzuheben, sind attraktive «Benefits», die den Arbeitnehmenden geboten werden. Subventionierte Kinderkrippenplätze im Haus drücken Familienfreundlichkeit aus, genauso können auch innovative Arbeitszeiten ein Argument für die Wahl einer Arbeitsstätte sein, gerade im Gesundheitswesen.
Arbeitsalltag: Schachbrettfelder, die die Ausgestaltung des Berufsalltages zum Ziel haben, können weitere Argumente für die Wahl des Arbeitgebers darstellen. Ein ansprechender Jobinhalt sowie die Möglichkeit Verantwortung zu übernehmen, oder aber auch spannende Begegnungen im Alltag bieten Anreize für potentielle Kandidaten. Ebenfalls macht das Grossschreiben der Gesundheit und Sicherheit des eigenen Personals einen Arbeitgeber interessant. Dies kann zum Beispiel bei Jobs in Notfallaufnahmen oder in der forensischen Psychiatrie eine wichtige Rolle spielen.
Entwicklung: Vor allem junge Kandidaten suchen einen Arbeitgeber, bei welchem sie Unterstützung für Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten erhalten. Nicht in einer beruflichen Sackgasse zu landen, sondern innerhalb eines Unternehmens aufsteigen zu können, oder zur Abwechslung und Horizonterweiterung einfach in eine andere Abteilung wechseln zu können, sind weitere Gründe für die Wahl eines Arbeitgebers. Universitätsspitäler oder private Klinikgruppen können teilweise sogar mit einer gewissen Internationalität werben.
Praktische Anwendung des Arbeitgeber Schachbretts
1. Rekrutierungsziele definieren:
Zunächst sind Rekrutierungsziele zu definieren, da die Positionierung wesentlich von diesen Zielen abhängig sein kann. Die Ziele betreffen die Anzahl an Fachkräften, die erwünschten Qualifikationen, Kompetenzen und Erfahrungen, aber auch die persönlichen Attribute der potenziellen Arbeitnehmer.
2. Wahl der Schachbrettfelder:
Basierend auf den Rekrutierungszielen kann nun das Schachbrett angewendet werden. Hierbei gilt es zwei Sichten einzunehmen:
– Welche Felder sind für das Zielpublikum relevant?
– Welche Felder kann der Arbeitgeber glaubhaft vertreten?
Wir empfehlen, höchstens 3 Felder als Leuchttürme für die Kommunikation am Arbeitsmarkt auszuwählen.
3. Inhalt der Felder definieren:
Nachdem eine limitierte Auswahl an Feldern besetzt wurde, ist der nächste Schritt diese mit Inhalten zu füllen. Besetzt eine Institution das Feld «kompetitive Entlohnung», muss zum Beispiel definiert werden, wie viel Prozent die Entlohnung im Durchschnitt gegenüber Benchmarks höher ist. Eine langjährige Anstellung wird dadurch wahrscheinlicher, da sich Arbeitnehmer bewusst aufgrund dieser Werte für einen Arbeitgeber entschieden haben und dessen Versprechen auch eingehalten wurde.
4. Kommunikationstaktik bestimmen:
Abschliessend gilt es zu definieren, wie die Argumente an das Zielpublikum gebracht werden sollen. Prinzipiell gibt es im Kampf um Talente zwei Taktiken: Fischen und Jagen. Soll über Jobanzeigen im Internet auf eine Stelle aufmerksam gemacht werden, eine Plakatkampagne im Tram gestartet werden - also Fischen? Oder soll man über bestehende Netzwerke an Talente herankommen, einen Personalberater anheuern oder sich an der CareFair mit seiner Institution vorstellen – also Jagen? Aufgrund des Fachkräftemangels sind wir der Überzeugung, dass «Fischen» alleine nicht ausreichen wird. Um qualifizierte Fachkräfte muss gekämpft werden!
Comments