Regelmässig werden neue Spitalbauten oder Umbauvorhaben realisiert. Muller Healthcare Consulting erklärt welche Key-Rollen dabei Betriebskonzept und Raumprogramm in der Planungsphase einnehmen und wieso damit längerfristig Kosteneinsparungen erzielt und zusätzliche Bauverzögerungen verringert werden können.
Autoren: Simon Huser
Demographischer Wandel, neue Gesundheitsstrategien, veraltete Prozessmuster,... – jährlich werden in der Schweiz Spitäler, Pflegeheime, Alterszentren oder sonstige Gesundheitsinstitutionen basierenden auf solchen Gründen umgebaut, neugebaut oder erweitert. Ein solches Bauvorhaben beginnt weit vor dem Spatenstich mit einer oftmals jahrelangen Vorbereitungsphase. Diese kann in 6 Schritte unterteilt werden und mündet häufig in einem Architekturwettbewerb. Nebst der Strategieentwicklung, dem Businessplan sowie dem Finanzkonzept, sind vor allem ein sauberes und klar strukturiertes Betriebskonzept sowie Raumprogramm Schlüsseldokumente für ein gelungenes Bauvorhaben (vgl. Abb.1).
Abb.1: Betriebskonzept und Raumprogramm als Schlüsseldokumente im 6-Schritte Plan für ein gelungenes Bauprojekt.
Kosteneinsparung dank frühzeitigem Prozessdenken
Ein Betriebskonzept ist ein Arbeitsdokument. Einerseits definiert es ein Leistungsportfolio und zeigt Prozesslandschaften und funktionelle Zusammenhänge auf. Anderseits erfordert dessen Erstellung ein Durchdenken von Patientenpfaden, betrieblicher Abläufe und räumlichen Anbindungen. Den Patienten/die Patientin immer in den Vordergrund stellend, befasst man sich bereits hier mit Fragestellungen rund um „Value-Based Healthcare“ und „Lean Management“. Das Betriebskonzept sowie das darauf aufbauende Raumprogramm dient zudem als Verknüpfung zwischen Auftraggeber und Architekt. Letzterem dient es unter anderem als Guideline, Anhaltspunkt und Schablone für ästhetische und formale Angelegenheiten.
Da solche Fragestellungen meist unumgehbar sind, muss sich früher oder später jeder Bauherr mit derartigen grundlegenden Gedankengängen auseinandersetzen. Daher macht es Sinn, diese möglichst früh im Bauprozess zu thematisieren. Möchte man zum Beispiel ein Operationssaal neugestalten, spielt die Frage, wo das Ein-/Ausleiten stattfinden wird, eine zentrale Rolle. Möchte man dies direkt im Operationssaal durchführen, werden keine weiteren Räumlichkeiten gebraucht. Soll es aber einen separaten Ein-/Ausleitraum geben, sollte dies für den Architekten ersichtlich sein.
Ein Raumprogramm sowie ein Betriebskonzept entstehen nicht von heute auf morgen, vielmehr sind sie ein Produkt von mehreren Überarbeitungszyklen und können durchaus nach dessen Erstellungen weiter überarbeitet werden. Mit einem frühen Auseinandersetzen verhindert man folglich unumgängliches Prozessdenken in einer weit fortgeschrittenen Bauphase, welche mit Verzögerungen im Bauvorhaben und damit verbundenen drastischen Kostenfolgen einhergehen.
Betriebskonzept und Raumprogramm am Beispiel eines Spitalneubaus
Aufgrund einer strategischen Neuausrichtung wurde im Spätjahr 2019 beschlossen, ein allfälliger Spitalneubau in Erwägung zu ziehen. Muller Healthcare Consulting wurde ein Jahr später vom Bauherrn damit beauftragt, ein Betriebskonzept sowie ein Raumprogramm für neue Räumlichkeiten zu erstellen.
Zusammen mit der internen Bauabteilung wurden innerhalb von 10 Wochen Kernbereiche definiert, Patientenpfade und betriebliche Ströme ausgelegt, evaluiert und überarbeitet sowie eine Struktur für das Raumprogramm erstellt. Diese Struktur teilt das Spital in Kernbereiche, Unterstützungsprozesse, Betriebsbereiche und Verwaltungsbereiche. Des Weiteren wurde für jeden Subbereich, sprich für jeden Teilprozess des Spitals, Prozessbeschrieb und Raumbedarf erarbeitet. Dazu hilft es, Abläufe mittels Skizzen zu visualisieren, wie folglich am Beispiel eines stationären Operationstraktes ersichtlich wird (vgl. Abb.2).
Abb.2: Prozessskizze eines OP-Bereichs – Patientenpfade und mögliche Raumaufteilungen wurden erarbeitet und visualisiert.
Ein Betriebskonzept lebt von dessen schrittweisen Überarbeitungen und Evaluationen. Gemeinsam mit dem Auftraggeber wurden alte Strukturen und Denkmuster reduziert und mögliche inter- und intraprozessuale Synergien aufgezeigt und aufgenommen. Ein zentraler Punkt spielt hierbei auch die bereits jetzt steuerbare Aufgleisung von patientenzentrierten Ansätzen. Das auf dem Betriebskonzept aufbauende Raumprogramm übernimmt diese Ansätze schliesslich und dient der strukturierten Festhaltung von Räumen und deren Anforderungen im einem Funktionsprogramm. Dabei ist nicht nur auf eine saubere Nomenklatur, sondern auch auf eine konsequente Orientierung am Betriebskonzept zu achten.
Mittels dieser Dokumente kann dem Architekten nun eine Vorlage für dessen Visualisierung geboten werden, die es ihm einerseits erleichtert sich in ein Spital hineinzudenken, anderseits erlaubt, sich auf seine Kernkompetenzen zu fokussieren. Für den Bauherr bedeuten diese Konzepte, dass sich bereits im Vorfeld der Baurealisierung Personen mit zentralen Fragestellungen rund um das Konstrukt Neubau auseinandergesetzt haben und allfällige bauliche Verzögerungen und die angesprochenen Kostenfolgen zumindest nicht auf diese zurückzuführen sind.
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